
Höhepunkte der ADA 2025: Orale GLP-1-Wirkstoffe, Amylin-Kombinationspräparate, muskelerhaltende Therapien zur Behandlung von Adipositas und neue Wege in der Diabetesversorgung
Wir haben Ende Juni an der Jahrestagung der American Diabetes Association (ADA) teilgenommen, die sich als weltweit grösste medizinische Fachveranstaltung zum Thema Adipositas etabliert hat. Als einer der wenigen Investmentmanager, der in diesem Bereich eine auf Conviction-Titeln basierte thematische Strategie verfolgt, hatte das Team des Bellevue Obesity Solutions Fund die Gelegenheit, sich fachlich ausführlich mit wichtigen Meinungsführern, klinischen Entwicklern und Managementteams auszutauschen.
Auf der diesjährigen ADA-Tagung standen Adipositas- und Stoffwechseltherapien der nächsten Generation im Mittelpunkt. Während sich innerhalb der Therapie-Pipelines deutliche Unterschiede abzeichnen, herrscht jedoch in einer Sache Einigkeit: Die Zeit ist reif für weitere Innovationen in diesem Bereich. Die Entwicklung oraler GLP-1-Alternativen, muskelerhaltender Behandlungstherapien und Kombinationstherapiengewinnt an Dynamik, was auf einen reifenden Markt mit riesigem ungedecktem Bedarf hindeutet.
Kurz gesagt stachen auf der ADA 2025 die folgenden, sich rasch entwickelnden Trends hervor: Orale GLP-1-Produkte werden konkurrenzfähig, Kombinationstherapien ermöglichen Gewichtsverlust bei gleichzeitigem Muskelerhalt, China entwickelt sich zum globalen Innovator, und die praktische Anwendbarkeit zellbasierter Therapien für Typ 1 Diabetes rückt immer näher.
Die Branche beschäftigt sich mittlerweile nicht mehr so sehr mit der Frage, wie viel Gewicht der Mensch verlieren kann, sondern vielmehr damit, wie er besser abnehmen kann – und dabei stehen die Qualität der Gewichtsabnahme, das Wohlbefinden der Patienten und das langfristig nachhaltige Ergebnis im Fokus. Für Anleger eröffnet diese Entwicklung die Tür zu einer zweiten Welle der Innovationen und der Wertschöpfung. Als aktiver Vermögensverwalter, der in diesem Investitionsfeld fest verwurzelt ist, werden wir weiterhin Ausschau nach vielversprechenden Unternehmen im Bereich Stoffwechselkrankheiten halten und in diese investieren.
Schlüsselpunkte:
Für ein grosses Highlight sorgte Eli Lilly mit der Präsentation der vollständigen Ergebnisse der Phase-III-Studie ACHIEVE-1 zu seinem oralen Nicht-Peptid-GLP-1-Rezeptoragonisten Orforglipron. Die einmal täglich einzunehmende Tablette zeigte bei Patienten mit Typ-2-Diabetes eine starke Senkung des Blutzuckerspiegels und des Körpergewichts, die mit der Wirkung von oral verabreichtem Semaglutid vergleichbar ist, ohne dabei eine bedenkliche Erhöhung der Leberenzymwerte nach sich zu ziehen. Es traten zwar weiterhin einige Nebenwirkungen wie Übelkeit und Verstopfung auf, aber die allgemeine Verträglichkeit wurde als annehmbar eingestuft.
Im Fokus stand darüber hinaus CagriSema von Novo Nordisk – eine Festdosis-Kombination aus Semaglutid und dem Amylinanalogon Cagrilintid. Das Präparat bewirkte zwar einen beachtlichen Gewichtsverlust (~23%), bei seiner Verträglichkeit besteht allerdings Verbesserungsbedarf angesichts des häufigeren Auftretens von Übelkeit, Erbrechen und Hautreaktionen an der Einstichstelle als bei der Verabreichung von Semaglutid als Einzelwirkstoff. Obwohl die Kombinationstherapie als eine potenzielle, muskelerhaltende Therapie positioniert wurde, zeigten DXA-Scans, dass etwa ein Drittel des Gewichtsverlusts weiterhin aus fettfreier Körpermasse stammte, ähnlich wie bei der Gabe von GLP-1-Rezeptoragonisten als Einzelwirkstoff. Der klinische Nutzen von Amylin für die Körperkomposition bleibt daher weiterhin unbewiesen.
Dem Hormon Amylin wurde auf der Tagung viel Beachtung geschenkt. Bei NN1213 von Novo Nordisk und AZD6234 von AstraZeneca handelt es sich um Amylin-Kandidaten in der frühen Entwicklungsphase, die darauf abzielen, das Sättigungsgefühl zu steigern und in Kombination mit GLP-1 unter Umständen die Körperkomposition zu verbessern. Präklinische Daten zu AZD6234 deuteten auf einen besseren Fettabbau bei Erhaltung der fettfreien Masse hin – eine vielversprechende Tendenz im Zuge der Weiterentwicklung von kombinierten Hormontherapien.
Gute Neuigkeiten bezüglich der Qualität der Gewichtsabnahme stellen zudem die neuen Phase-II-Ergebnisse von Eli Lilly für dessen Myostatin/Activin-Inhibitor Bimagrumab (Bima) dar. In Kombination mit Semaglutid steigerte Bima den Fettabbau bei gleichzeitigem Erhalt – oder sogar einer Steigerung – der fettfreien Körpermasse. In ihrer höchsten Dosierung erzielte die Kombinationstherapie einen mit Tirzepatid vergleichbaren Gewichtsverlust von 20.2% bei allerdings signifikant besserer Körperkomposition. Es wurde ein vorübergehender Anstieg des LDL-Cholesterins festgestellt, der Annahmen zufolge jedoch die Fettmobilisierung widerspiegelt und damit kein Sicherheitsrisiko darstellt.
Amgen legte ausführlichere Daten zu MariTide vor, seinem in Phase-II befindlichen GLP-1-Agonisten und GIPR-Antagonisten. Die neuen Daten umfassen aufgeschlüsselte Angaben zur Dosierungshäufigkeit und einer Phase-I-Titrationsstudie, die auf eine Besserung der Verträglichkeit abzielt. Obwohl die Wirksamkeit solide erscheint, galt das Anlegerinteresse vor allem der hohen Rate von Übelkeit und Erbrechen, den Studienabbrechern und der Frage, ob eine Dosistitration das Profil des Wirkstoffs ausreichend verbessern wird, um dessen Wettbewerbsfähigkeit zu sichern.
Auf internationaler Ebene boten chinesische Biotechunternehmen einen starken Auftritt. Ascletis veröffentlichte sicherheitsrelevante und pharmakokinetische Daten zu seinem oral verabreichten GLP-1-Rezeptoragonisten ASC30, der eine strukturelle Ähnlichkeit mit Orforglipron aufweist. Innovent präsentierte positive Phase-III-Ergebnisse zu Mazdutid, einem GLP-1/Glucagon-Dual-Agonisten. Laekna forscht weiterhin an der Entwicklung von Therapien für den Erhalt der Muskelmasse während der Gewichtsabnahme – ein zunehmend wichtiger Faktor bei der Behandlung von Adipositas.
Ferner publizierte Vertex Pharmaceuticals neue Ergebnisse für seine in der frühen Entwicklung befindliche Stammzelltherapie bei Typ-1-Diabetes, die im Labor gezüchtete insulinproduzierende Zellen nutzt, um die verlorene Funktion der Bauchspeicheldrüse zu ersetzen. Die Daten zeigen für den Behandlungszeitraum von über einem Jahr bei Patienten eine verbesserte Blutzuckerkontrolle. Allerdings ist weiterhin die Gabe von Immunsuppressiva erforderlich. Vertex treibt zulassungsrelevante Versuche und die Entwicklung immunevasiver Wirkstoffvarianten der nächsten Generation voran.